Predigt am 3. Sonntag nach Epiphanias 2012

Text: 1. Korinther 2

„1. Als ich zu euch kam, liebe Geschwister, bin ich nicht mit überragender
Beredsamkeit oder Weisheit aufgetreten, um euch das Geheimnis Gottes
zu verkünden.
2. Denn ich hatte mich dafür entschieden, während meiner Zeit bei euch von nichts anderem
zu wissen als vom Messias Jesus, und zwar als Gekreuzigtem.
3. So bin ich bei euch in Schwachheit aufgetreten, mit viel Furcht und Zittern.
4. Mein Wort und meine Predigt bestanden nicht in überzeugenden Weisheitsworten,
sondern im Erweis von Gottes Geist und von Gottes Kraft,
5. damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf der Kraft Gottes beruhe."


Liebe Gemeinde,
in allen christlichen Kirchen, die ich kenne, ist gut sichtbar mindestens ein Kreuz zu sehen. Meist als Plastik aus Holz oder Metall, woran der gekreuzigte Jesus von Nazareth hängt, oder als gemaltes Bild. Manchmal ist auch bloß ein schlichtes Kreuz zu sehen in der uns bekannten Form aus zwei rechtwinklig gekreuzten Balken: einem von unten nach oben, und einem, waagerecht nach rechts und links hin ausgestreckt.

Was sagt uns dieses Zeichen? Sagt es uns überhaupt etwas? Oder wirkt es auf uns
wie die meisten Bilder unserer Tage - ein flüchtiger und stummer Anblick? Nur dann, wenn wir den Mann sehen, der daran hängt, wird uns vielleicht für einen Augenblick klar, dass es hier um eine Hinrichtung geht, um ein Sterben vor unseren Augen. Doch wenn dieser Mann nicht zu sehen ist, ist auch der Gedanke an sein Sterben weit weg. Dann erscheint uns sein Kreuz eher als ein hübsches, vielleicht magisches Zeichen, das sich sogar als Schmuckstück tragen lässt. Oder was bedeutet es uns sonst

Der Apostel Paulus hat sich mit dieser Frage oft herumgeschlagen. Er war ein Jude, und für Juden war jedes Kreuz ein Zeichen tiefster Demütigung und Schande. Denn mit dieser Todesart wurden Juden wie Schwerverbrecher, Aufrührer oder Sklaven behandelt. Nur bei solchen wandten die Römer als Besatzungsmacht in Palästina die Kreuzigung an. Sie war immer mehr als Strafe. Sie sollte immer zugleich Verachtung und Abscheu erregen. Besonders auch, weil das Sterben am Kreuz vor aller Augen stattfand, oft tagelang.

Als Paulus etwa zwanzig Jahre nach dem Tode Jesu in die Hafenstadt Korinth auf der Landenge zwischen Nord- und Südgriechenland kam, fand er bereits eine christliche Gemeinde vor. Diese bestand aus Juden, die in Jesus von Nazareth den Messias Gottes anerkannten, und Heidenchristen, die nach dem einen Gott und nach einer überzeugenden Botschaft von diesem suchten. Darunter auch solche, die schon in Rom zur allerfrühesten Christengemeinde gehört hatten und von dort durch einen Erlaß des Kaisers vertrieben worden waren - Flüchtlinge also.

Korinth war damals für das östliche Mittelmeer so wichtig wie etwa Hamburg heute für den Nordseeraum - beides Hafenstädte, Umschlagplätze, kulturelle Zentren, Weltstädte. Kirchen gab es in Korinth allerdings noch nicht. Aber selbst wenn es solche gegeben hätte: Kreuze - mit oder ohne die Darstellung des Gekreuzigten - wären darin wohl nicht zu sehen gewesen. Denn viele Christen in Korinth wollten vom Kreuz Jesu nichts wissen. Sie bewunderten Jesus, aber ihre Bewunderung fing erst bei Ostern an, bei seiner Auferstehung. An der wollten sie teilhaben und sich am liebsten selbst schon als Auferstandene jenseits des Todes fühlen und zu einer Erkenntnis Gottes gelangen, die sie weit über Raum und Zeit hinaushob. Deswegen erwarteten sie auch Prediger, die sie darin bestärkten: hohe Redekunst und seltene Weisheitsworte sollten sie auszeichnen. All das wollten sie auch miteinander erleben, z. B. wenn sie Abendmahl feierten. Dann wollten sie sich im Kreis der ‚Vollkommenen' wie im Himmel fühlen und gar nicht gern daran erinnert werden, dass in nächster Nähe Mitchristen lebten, die oftmals nicht wussten, wovon sie am Abend satt werden könnten. Die fühlten sich gar nicht wie im Himmel, sondern von ihren Mitchristen im Stich gelassen. Vielleicht empfanden sie Neid, vielleicht auch Ärger darüber. Sicher aber versprachen sie sich nicht mehr allzu viel von der Gemeinschaft der Christen und suchten deshalb nach einem eigenen Weg für ihren Glauben.

So gab es verschiedene Gruppen in dieser Gemeinde. Das läßt zwar auf lebhaftes Interesse an Glaubensfragen schließen. Aber es drohte die Gemeinde zu spalten. Innergemeindliche Konkurrenz, Rechthaberei und Abgrenzungen waren an der Tagesordnung, nicht aber Einigkeit und Zusammenstehen. Paulus hat dies deutlich gespürt. Er sieht seine Arbeit in Gefahr. Noch mehr aber sieht er den Glauben in Gefahr. Denn zwischen dem, was Christen glauben, und dem, wie sie sichtbar in Erscheinung treten, konnte und wollte Paulus niemals trennen. Eine Spaltung der Gemeinde hätte in seinen Augen Christus selbst gespalten.

Immer hat dieser Apostel die Gemeinde der Christen als Einheit gesehen. ‚Leib Christi' hat er sie genannt. Und das meinte er ganz wörtlich: der Christus, den er verkündigte, hatte für ihn mit seiner Auferstehung einen neuen Leib bekommen. Das war die Gemeinde derer, die zu Jesus von Nazareth als dem ‚Christus', also dem Messias, hielten, und derer, die täglich hinzukamen. Für die war der Christus gestorben: für Frauen und Männer, für gebürtige Juden und für solche, die mit dem Gottesvolk gemeinsam zum jüdischen Gott, den Jesus, der Messias ‚Vater' genannt hatte, beteten.

Wenn diese Gemeinde, für die der ‚Christus'-Messias gestorben war, zerbrach, so zerbrach der ‚Leib' des Messias, - so wurde er gewissermaßen noch einmal gekreuzigt. Das konnte und das durfte nicht sein. Deshalb war Paulus von allen Aposteln derjenige, der sich am leidenschaftlichsten für die Einheit der Christen in ihren Gemeinden und unter allen christlichen Gemeinden eingesetzt hat. Und der am leidenschaftlichsten dafür gekämpft hat, daß diese Einheit gerade aus ganz Verschiedenen bestehe. Das sei es, wofür der Messias Jesus Bewunderung, Anerkennung und Nachfolge verdiene: seine Bereitschaft und seine Kraft, Menschen aus ganz unterschiedlicher Herkunft zu sammeln und zu Gott zu führen. Darin werde die Liebe Gottes zu uns wirklich und mächtig, dass uns nichts und niemand von diesem Messias Jesus trennen könne und dürfe.

Liebe Gemeinde, hier hat einer den Mut und die Gabe, das Kreuz Jesu Christi,
des Messias Gottes, und den Zusammenhalt der christlichen Gemeinde aus ganz Verschiedenen zusammenzudenken. Wenn sich der Messias nicht zu schade war,
den Weg eines Verachteten zu gehen, so sollte auch sein Bote in seinem Gefolge nicht vor anderen glänzen. Deshalb wollte Paulus in Korinth nichts anderes wissen als den Gekreuzigten. Damit seine Gemeinde aufhörte, sich voreinander aufzuspielen, einander gering zu achten und zu beschämen. Gewiß, der Auferstandene riß sie empor, gab ihnen Mut und Zuversicht, aber als Gekreuzigter führte er sie wieder zurück, zueinander, zu den Geringen und Beschämten. Deren Los hatte er geteilt. Als solcher blieb er das eine Maß, der eine Leib, der eine Wegweiser zu Gott, der eine Herr.

Dafür, so erkannte es Paulus, steht das Kreuz - ein Zeichen, das oft genug missbraucht worden ist - durch Christen! - zu Zwang und Unterdrückung, Bedrohungen und Kriegen , zu Einschüchterungen, Zwangsbekehrungen und Hinrichtungen. Wo das geschah, wurde nicht nur Christus getötet, sondern auch seine Kirche. Dennoch behält und erweist sein Kreuz seine Kraft dort, wo Menschen sich unter ihm sammeln und auf Rechthaberei, Ausgrenzungen und Demütigungen verzichten. Dann wird der Auferstandene auch dort sichtbar, wo anscheinend nur zwei gekreuzte Balken zu sehen sind. Die Kreuze, an denen - wie Jesus, der Messias, - unzählige Menschen schmählich hingerichtet worden sind, hatten ja in Wirklichkeit nur die Form eines T: der Querbalken, an welchen der Verurteilte gebunden war, wurde mit einem Seil über eine Kerbe im senkrechten Pfahl hochgezogen und auf ihm befestigt. Christen haben daraus das Kreuz gemacht, wie wir es kennen. Da ragt der senkrechte Balken über den Querbalken hinaus nach oben - als Hinweis darauf, dass hier der Weg zu Gott nicht endet, sonder neu beginnt. Und im weit ausgestreckten Querbalken zeigt sich uns im Gekreuzigten der Auferstandene, der keinen ausschließt, sondern immer
neu in seinen Leib, in seine Gemeinde einlädt. Selbst uns. Amen

 

 

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